Japanisches Budo
Das ist Aikido
Aikido wurde von dem Japaner Morihei Ueshiba begründet, der am 14. Dezember 1883 geboren wurde und bis zum 26. April 1969 gelebt hat. Meister Ueshiba übte sein Aikido selbst bis ins hohe Alter aus.
Meister Ueshiba entwickelte nach der eigenen Lehre unterschiedlicher Kampfkünste die erste humane Selbstverteidigung. Einen Gegner bei der Abwehr seines Angriffs so zu führen, dass er sich so wenig wie möglich verletzt, und ihn dennoch von der Sinnlosigkeit seines Angriffs zu überzeugen, war neu. Bis heute gibt es im Aikido keine Wettkämpfe, um diese Haltung zu unterstützen.
Original-Aufnahmen von O-Sensei:
Aikido ist aus den Schriftzeichen Ai, Ki und Do zusammengesetzt. Lies hier mehr darüber:
Bedeutung …
„Ai“ (合) bedeutet soviel wie Harmonie, aber auch Verknüpfung, Zusammenführung, Vermischen, Vergleichen und vieles mehr, denn die japanische Sprache ist berüchtigt für ihren Mangel an Präzision.
Das zweite Kanji „Ki“ (気) bedeutet hier (Lebens-)Energie, aber auch Geist (im Sinne von Seele und Geist), die (physikalische) Atmosphäre, Gas.
Das dritte Zeichen „Do“ (道) bedeutet Weg und zwar sowohl den Weg im Sinne von Straße, als auch den symbolischen Weg, den man zum Beispiel in seinem Leben beschreitet. Dieses Zeichen ist in vielen sogenannten Weg-Künsten enthalten, die neben der äußerlichen Übung auch eine innere, den Charakter betreffende Komponente beinhalten (Ju-do: der sanfte Weg, Cha-do: der Tee-Weg, Kyu-do: der Weg des Bogens, Ken-do: der Weg des Schwertes, etc.)
Zusammengefasst könnte man also übersetzen: Aikido ist der Weg der Harmonie und Lebensenergie. Für einen Japaner klingt dieser Ausdruck übrigens viel weniger esoterisch als für Europäer.
Wirksamkeit …
Aber nun zu dem etwas praktischeren Teil. Während des Trainings werden Bewegungsformen geübt, die der Schulung von Körper und Geist dienen. Ziel dieser Übungen ist es, die rechte Mitte zu entwickeln – eine innere Ruhe, die zur Persönlichkeit des Ausübenden gehört.
Wege hierzu sind physisch die Ausbildung des Gleichgewichts und des Körpergefühls, mental die Stärkung des Selbstbewusstseins sowie das Fallenlassen von Ichbezogenheit, Verbissenheit und Engstirnigkeit zu einer Wahrnehmung der Situation als Ganzes.
Die Wirksamkeit des Aikido beruht zum Teil auf dem Eindruck einer wirbelnden Leere, in die ein Angreifer unwiderstehlich hineingezogen wird. Grundprinzip des Aikido ist es, die Kraft des Angreifers in ihrer dynamischen Trägheit aufzunehmen, sie umzuleiten und auf den Gegner zurückzuführen. Die Gliedmaßen des Angreifers werden parallel dazu gemäß ihrer natürlichen Bewegungsrichtung bis an einen Punkt gedehnt, an dem durch den Schmerz der gesamte Körper sein Gleichgewicht verlieren muss. Auch Atemi (Schläge oder Stöße) sind im Aikido nicht verboten, werden aber in erster Linie so eingesetzt, dass der Angreifer abgelenkt und irritiert wird, weniger dazu, ihn niederzustrecken.
In den ursprünglichen Budo-Sportarten ist die Vermittlung technischer Fähigkeiten moralischen Prinzipien untergeordnet. So ist Aikido sowohl eine Selbstverteidigung als auch eine Philosophie, die die intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Person fordert.
Erst die Bewältigung der eigenen Aggressionen, die ruhige Aufnahme der negativen Energie eines Angreifers sowie die Beherrschung des eigenen Körpers (innere Harmonie) befähigen zur Führung eines Gegners bzw. seiner bedrohenden Kraft und ermöglichen die Wiederherstellung des Gleichgewichtes (äußere Harmonie).
Im Aikido werden alle Techniken regelmäßig wiederholt. Unser Ziel im AVH ist nicht, unseren Mitgliedern „Selbstverteidigungs-Tricks“ beizubringen, sondern Aikido zu erlernen. Dazu gehören die Aikido-Techniken, jedoch auch Bewegungsprinzipien, die es dir ermöglichen, dich souverän, integriert und harmonisch zu bewegen und in der Welt zu agieren.
Alle üben zusammen …
Das Kanji „Ai“ steht u.a. für »Harmonie«. So trainieren z.B. immer alle gemeinsam: groß/klein, Frau/Mann, Anfänger/ Fortgeschrittene, alt/jung. Aber die Bedeutung ist noch vielschichtiger: so versuchen Aikidoka etwa auch, mit einem Angreifer in Harmonie zu kommen, indem sie dessen Energie aufnehmen, umlenken und auf ihn zurückführen.
Körper, Geist, Energie …
„Ki“ steht für die universelle Lebensenergie, die wir durch körperliches Üben stärken und fließen lassen und es so in unser Leben außerhalb der Tatami (Trainingsmatte) mitnehmen. Das chinesische „Chi“ oder „Qi“ wie in Tai-Chi oder Qigong bezeichnet eine ganz ähnliche Form dieser Energie. Das Kanji besteht übrigens aus den Zeichen für Dampf und Reis, dem wichtigsten Nahrungsmittel Asiens: auch eine Form des Energiespendens!
Dein Weg – nach vorn
„Dō“ ist der Weg, auf dem du dich ab dem ersten Trainingstag befindest. Du kommst nie an sein Ende, denn er geht immer weiter: der L-förmige Bestandteil des Kanji bedeutet „vorwärts gehen“. So entwickelst du dich immer weiter, auch wenn du manchmal meinst, Rückschritte zu machen.
Kann man Aikido aus Büchern oder Internetvideos lernen?
Um Aikido vollständig zu begreifen, ist die Körpererfahrung durch ständige Wiederholung der Bewegungen nötig. Fotostrecken in Büchern können Kräfte, Drücke, Gleichgewichte, Details in Handhaltungen nicht wiedergeben. Videos zeigen zwar mehr als Sekundenbruchteile, aber das Auge allein lernt nie genug. Zur Vertiefung, als Gedächtnisstütze und zum Philosophiestudium sind Bücher gleichwohl geeignet. Eine Liste empfehlenswerter Titel findest du in unserem Do-Blog …
Ich sehe hier Bilder mit Holzschwertern: trainiert Ihr denn mit Waffen?
Wir setzen regelmäßig die Übungswaffen Bokken (Holzschwert), Tanto (Holzmesser) und Jo (Holzstab) ein, um auch die Abwehr von Waffenangriffen zu lernen. Viele Bewegungen des Aikido hat O-Sensei Ueshiba aus ursprünglichen Schwertkampftechniken entwickelt. Gerade das Üben mit dem Bokken lässt diese Ursprünge daher sehr gut erfahren und manche Technik besser verstehen. Mit bestimmten rhythmischen Schlagübungen schulen wir darüberhinaus unsere Atemtechnik.
Aber auch mit den Übungswaffen „kämpfen“ wir niemals gegeneinander.
Muss ich Japanisch lernen, um Aikido auszuüben?
Wir verwenden im Training der Tradition folgend die japanischen Begriffe für Hebel, Würfe, Prinzipien und Angriffe. Aber selbst zur ersten Prüfung, die nach etwa einem Jahr stattfindet, muss man diese Begriffe noch nicht kennen; vielmehr schleifen sich diese während des Trainings langsam ein, und nach einem Jahr redet man ganz selbstverständlich davon einen Shiho-Nage Irimi gegen den Angriff Katate-Tori Ai-Hanmi auszuführen.
Ist Aikido zur Selbstverteidigung geeignet?
Die Techniken, die im Aikido erlernt werden, sind sehr effektiv zur Selbstverteidigung einsetzbar. Es dauert aber länger als bei anderen (z. B. schlagenden) Kampfkünsten, bis die Techniken sicher eingesetzt werden können. Dass aber nicht alle Aikidoka nach dieser Erkenntnis plötzlich den Verein verlassen und beispielsweise westliches Boxen erlernen, beweist, dass wir Aikidoka von unserem Training etwas Besonderes bekommen. Etwas, das über die profane, pragmatische Anwendbarkeit hinausgeht.
Gibt es Wettkämpfe im Aikido?
Der Gründer des Aikido, Morihei Ueshiba, hatte eine sehr strenge Ansicht: Wettkämpfe laufen dem Grundgedanken des Aikido total entgegen. In einer Atmosphäre von Konkurrenz und Wettbewerb kann Aikido sich weder entfalten, noch bringt es die Übenden auf ihrem Weg weiter. Im täglichen Training verbessern sich Angreifer und Werfer kontinuierlich, ohne dass ein Publikum oder ein Schiedsrichter darüber befinden könnte, welcher der beiden nun besser ist. Darüber hinaus steht vor jeder Technik der „Verlierer“ fest. Der Angreifer wird geworfen oder gehebelt, besser oder schlechter, je nach Fortschritt der beiden Schüler.
Gibt es im AVH Kurse nur für Frauen?
Nein. Aikido kann von Männern und Frauen gleichermaßen und auf die gleiche Art und Weise erlernt werden. Kraft spielt im Aikido keine Rolle. Auch die Tatsache, dass man sich in einer Selbstverteidungungs-Situation seinen Angreifer nicht aussuchen kann, bestärkt uns darin, keine Trennung zwischen Männer- und Frauentraining vorzunehmen.
Nach guter Budo-Tradition steht in jedem Dojo ein Bildnis des Begründers der Kampfkunst. Auch beim AVH-Training ist O-Sensei Morihei Ueshiba immer zu Gast.
„Wahres Budo kann weder durch den Pinsel noch durch die Zunge beschrieben werden.“
— O-Sensei Morihei Ueshiba